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09.April 2025 – Fahrrad II, Gelassenheit, toter Punk

Am Montag nach Feierabend stand ein niedliches kleines Mädchen, vielleicht sieben oder acht Jahre alt, mit ihrem Vater auf dem Hof. Sie hatte ihren Fahrradhelm mit und die beiden waren ein unheimlich sympathisches Duo. Es ging darum, das letzte Kinderrad aus dem Schuppen zu verkaufen. Ein ziemlich gutes Kinderrad von Cube, lila, mit helllila Blümchen und Siebengangschaltung. Es wurde in Summe vielleicht zehn Stunden gefahren, wenn überhaupt.
Der Vater animierte das kleine Mädchen dazu, doch mal aufzusteigen und zu probieren, ob es ihr passte. Sie hielt das aber nicht für nötig. Ihre Freundin Lisa hätte genau dasselbe Rad und damit könne sie ja wohl auch problemlos fahren. Sie möchte das Fahrrad daher gerne haben. Der Vater machte dann noch zur Bedingung, dass dann aber in Zukunft mehr Radtouren gemacht werden. Das hielt das kleine niedliche Mädchen für einen fairen Deal und ließ sich drauf ein. An solche Leute verkauft man doch gerne ein Kinderrad. Der Vater wollte zwanzig Euro weniger Zahlen, als ich haben wollte, und auch das hielt ich für völlig angemessen.

Außerdem finde ich es etwas unschön, diese Woche der Einzige im Haus zu sein, der jeden Morgen aufsteht. Meine Familie hat schon Ferien, ich habe dafür zu wenig Urlaubstage und steige erst ab Montag mit ein.

Heute Vormittag habe ich in einem regionalen Meeting viele Leute kennen gelernt, mit denen ich in Zukunft regelmäßiger zu tun haben werde. Das waren alles okaye Leute, die über dieselben Dinge sprechen. Das wird funktionieren.

Am Nachmittag reagierte ich auf den Whatsapp-Status von Mona, der mir zu kalenderspruchig war. Es ging darum, dass man die Dinge, die man nicht ändern kann, gelassen annehmen soll. Das ist natürlich purer Stoizismus, also antike Philosophie und damit mag ich das eigentlich. Ich musste sie aber trotzdem fragen, woher man denn wissen kann, ob man etwas ändern kann oder nicht. Es entspann sich daraufhin eine ziemlich philosophische Konversation in Text und Sprachnachrichten, in der ich darauf hinwies, was alleine Greta Thunberg ändern konnte, nur dadurch, dass sie sich mit einem Pappschild vor ihre Schule gestellt hat. Außerdem warf ich ins Feld, dass die Gelassenheit vieler Menschen einfach nur Ignoranz ist, aber dass die zugegebnermaßen zu einem ruhigeren Leben führt. Es war mir völlig klar, dass ich die Diskussion mit der falschen Person führe, aber eine gute Diskussion mit dem richtigen Menschen führt man halt trotzdem gerne. Wir fanden dann einen gemeinsamen Nenner darin, dass man immer mindestens versuchen sollte, sein direktes Umfeld zu verbessern und damit guten Eindruck auch auf den ein oder anderen Ignoranten zu machen. Mona ist eine von den Guten und war früher die Sängerin in meiner Band.

Der Punkt Sängerin in meiner Band führt mich direkt zu einer Erinnerung. Der Gitarrist meiner früheren Band wies mich nämlich vor kurzem auf etwas hin, das ich ziemlich traurig fand. In den Nullerjahren mochten wir beide, so lange es sie gab, die Elektropunkband „Spillsbury“ und gingen auch zu Konzerten und so. Wir mochten vor allem die Zornigkeit der Sängerin Zoey Wagner, die sie vor allem live gut zur Schau stellen konnte. Außer ein paar nischigen Achtungserfolgen wurde es für Spillsbury aber nicht so richtig erfolgreich und dann waren sie irgendwann wieder verschwunden.
Mein ehemaliger Gitarrist fand nun vor kurzem Zoe Meißner durch Zufall auf Xing wieder. Sie hat inzwischen Wirtschaft studiert und arbeitet für eine der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften überhaupt. In ihrem Lebenslauf fehlen vom Ende der Band bis zum Beginn des Studiums zehn Jahre. Die interessieren mich sehr. Trotzdem: Punk ist sowas von tot und Kapitalismus ist ein Todeskult.

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