Warnung: Im nachfolgenden Text geht es um eine Hausschlachtung. Das könnte Leute triggern.
Schlachtetage sind besondere Tage. Sie finden in unserem Fall nur alle zwei Jahre statt und benötigen Planung. Seit über einem Jahr wuchs hierzu ein extra dafür bestelltes Schwein in meiner unmittelbaren Nachbarschaft auf der großen Wiese eines Hobbybauern auf. Es ist ein Schlachthaus zu finden, Gläser zu sammeln und es sind lange im voraus Termine für sechs Leute zu koordinieren, die dann auch zum Zeitplan des Hausschlachters passen.
Ich selbst esse ja kein Fleisch mehr, weil es dafür jede Menge gute Gründe gibt, meine Familie aber schon. Da finde ich es schön, wenn sie vernünftige Wurst bekommen und keine Osteuropäer dafür ausgebeutet wurden. Gemessen an der Fleischtheke im Supermarkt entstand hier heute vernünftige Wurst bester Haltungsklasse.
Der Schlachtetag begann 4:20 Uhr mit dem Aufstehen. Dann sammelte ich vier Freunde ein und verstaute Fleischerkisten, gefüllt mit leeren Gläsern und allerlei anderem Schlachtbedarf, Kleidung und Gummistiefeln, Milchkannen, Verpackungsmaterial, Verpflegung und Reinigungsmittel ein. Dann ging es zum Schlachthaus in ein Dorf, dem die unmittelbare Nähe zu einem Braunkohletagebau nicht gut getan hat. Das Schwein befand sich noch in einem Hänger, der Schlachter bereitet den unvermeidlichen ersten Schritt der heutigen Arbeiten vor. Dann wurde es wie immer still am Set und das Schwein wird vom Hänger zum Ende seines kurzen Schweinelebens getrieben. Hierbei kam diesmal erstmals eine Elektrobetäubung zum Einsatz und nicht das übliche Bolzenschussgerät. Mit einer riesigen Zange wird hierbei eine erhebliche Menge Strom für etliche Sekunden zuerst durch den Kopf, dann durch Rückenmark und Herz geleitet um das Schwein zu betäuben und schmerzunempfindlich zu machen. Sofort danach beginnt das Ausbluten mit einem Stich in die Halsschlagader. Spätestens dabei stirbt dann das Schwein innerhalb kürzester Zeit. Für mich als Beobachter wirkte diese Betäubungs-/Tötungsmethode schneller und für das Schwein mit weniger Stress verbunden zu sein, als die Variante Bolzenschussgerät. So oder so ist das für mich immer fast ein spiritueller Moment. Es ist eine andächtige Ruhe unter den Betteiligten, wenn ein Tier sein Leben lässt, um fünf Familien zu ernähren und deren Speiseplan für fast zwei Jahre zu bereichern. Wenn man Wurst essen will, muss ein Tier sterben. Ich bin für die Schüssel zuständig, die das Blut in einen Eimer umbefördert. Es wird ein ungewöhnlich voller Eimer werden.
Im nächsten Schritt wird das Schwein aufgebockt und mit sogenannten Glocken von den Borsten befreit. Hierzu wird die Haut angebrüht, wozu viel heißes Wasser benötigt wird. Dann wird das Schwein aufgehängt, was hier für uns erstmals nicht mehr an einer Leiter, sondern mit einem Flaschenzug realisiert wurde. Traditionell gibt es in diesem Moment für alle einen Schnaps, bevor es für längere Zeit so richtig betriebsam wird. Mit routinierten Handgriffen zerlegt der Schlachter das Tier und entfernt dabei alles, was im weiteren Verlauf nicht mehr benötigt wird.

Dann begann das große Schnippeln, Schneiden und Verrühren. Das sind alles ziemlich meditative Tätigkeiten, genau wie das sonore Wolfen am Fleischwolf. Man hat ununterbrochen was zu tun, wenn man schlachtet und das geht bis in den späten Nachmittag so. Zwischendurch gibt es Kochfleisch und frischstes Gehacktes zu essen, wenn man will. Bis zum Abfüllen der Wurstsuppe gibt es was zu tun. Parallel beginnt das Großreinemachen, für das auch unsere Frauen ab dem frühen Nachmittag angereist waren.
Dann packt man alles zusammen, vertäut und verzurrt alles. Vor der Abreise gehen noch die Wurstgläser bei 100° für zwei Stunden in den Kessel. Dann ist Schluss für heute. Abgeholt werden die Gläser dann erst am nächsten Tag. Die Räucherware dauert ungefähr zwei Wochen. Ich mag Schlachten. Es ist eine ehrliche, produktive Arbeit mit gutem Output.









