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18.Juni 2025 – TÜV, im Problemviertel

Auf Arbeit ist es jetzt so, dass ich viele der Dinge, die noch vor einem Jahr neu waren, inzwischen ganz gut und routiniert kann. Das verschafft Zeit, die ich zu füllen versuche, was nur teilweise klappt, weil eine geplante Aufgabenneuverteilung noch nicht passiert ist. Da muss ich mich dann kümmern, dass da noch eine Scheibe täglich Brot mehr für mich dabei ist, wenn man sich endlich dazu durchringt.

Nach der Arbeit bringe ich mein Motorrad zum TÜV. Dazu fahr ich in den Stadtteil mit 40% Migrationshintergrund. Der wird hier als Problemviertel betrachtet, ist aber vielleicht gar keins. Man müsste sich nur im Rahmen der Gesetze um die Kriminellen kümmern, dann wäre das ein ganz normales Viertel mit Migrationshintergrund, in dem die Leute im Rahmen der Möglichkeiten vor sich hin leben. Vielleicht müsste man sich auch einfach um die Ursachen kümmern, warum in solchen Vierteln Leute kriminell werden. Ich hab da auch keine Ahnung, aber als „Problem“ bezeichnet zu werden, hat bislang kaum jemanden motiviert, würde ich sagen.

Ich hab es schon ein paar Mal erwähnt, ich mag das Viertel und meine Stadt, so wie sie jetzt ist. Bringt ein wenig Großstadtflair in die piefige Stadt. Macht sie bunt, bereichert mich mit Barbershops und internationalen Geschäften mit zuweilen skurrilem Inhalt. Was es der piefigen Stadt nicht einfach macht, ist der fehlende Horizont der Leute. Das falsche Mindset. Die Unvorstellbarkeit von Veränderung und dem Zulassen von neuen Entwicklungen.
Jedenfalls bin ich gestern zwei Kilometer durch dieses Viertel gelaufen, und die waren voller Eindrücke. Ich sah eine punkige Junkieclique mit Hunden auf der Straße rumlungern, die aber total lieb zueinander waren. Traf zwei Jungs, einen gebürtigen Deutschen und augenscheinlich einen Nahostler, deren Kommunikation einfach nur einzelne Wörter mit dem Wort „Digger“ verband, eine Gruppe Rumänen oder Bulgaren, die im Eingang eines leeren Eckgeschäftes saßen und Sonnenblumenspelzen auf den Gehweg spuckten, die Mädchenclique mit gleichen Baseballjacken, die irgendeine Art strangen Darkwave auf ihrer Bluetooth-Box hörte und den ausgesprochen höflichen dunkelhäutigen jungen Mann, der wie ich, im Lidl ein Eis kaufte.
Habe mir vorgenommen, öfter durch dieses Viertel zu spazieren.
Man kennt sonst seine eigene Stadt nicht mehr.

Was ich noch schön fand, war die Fahrt mit dem Motorrad von der Anmeldung über das riesige Betriebsgelände bis in die Werkstatt. Ohne Helm, ohne Jacke, ohne Handschuhe. So müsste man immer Motorrad fahren können. Leider kann einem keiner garantieren, dass man dabei nicht stürzt. Aber schöner ist es schon, so zu fahren.

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