Der erste Ferientag startet mit einer Art Regensturm, was sämtliche Pläne durchkreuzt, mit den Töchtern einen langen Spaziergang zu machen. Maria ist heute nochmal arbeiten.
Spaziergänge gehören zu den wenigen Dingen, die mir wirklich helfen. Die ersten Spaziergänge nach der Krankschreibung haben mich noch überfordert. Nach zwei oder drei Kilometern musste ich abbrechen, weil mein Körper unwirsch wurde. Gelinde gesagt.
Mittlerweile laufe ich auch schon mal 10 oder 12 Kilometer spontan am Stück. Setze mich zwischendurch auf Hochsitze von Jägern oder Vogelbeobachtungsposten in Naturschutzgebieten und gucke in die Sonne. Das ist absolutes Zen, was ja auch Sinn ergibt, schließlich sind wir für die Natur, kleine Menschenmengen und wenig Stress gemacht.
Jedenfalls fällt der heutige Spaziergang aus, weil ich meine Kinder nicht in den Regen bekomme am ersten Ferientag. Natürlich nicht. Also steck ich meine Bedürfnisse zurück. Stattdessen ganz normale Regentagsbetreuung.
Wenn Maria heute am frühen Nachmittag nach Hause kommt, beginnt die Weihnachtszeit. Die vollständige jährliche Liturgie dieser Tage.
Nebenan, auf dem kleinen Kirchenfriedhof, war heute Vormittag eine Beerdigung, was ich zufällig durchs Fenster sah, als ich nach oben ins Schlafzimmer ging. Es regnete Bindfäden, der Wind peitschte und die kleine Trauergesellschaft versuchte, trotzdem pietätvolle Haltung zu bewahren. Ich sah in ernste Gesichter über wehenden Regencapes und seicht dem Wind nachgebende Körper. Schön, dass ich das humorvolle in solchen Szenen wieder erkennen kann.
Ich konsumiere zur Zeit so Youtube-Sachen von berühmten Leuten mit mentalen Problemen. Heute habe ich auf „Hotel Matze“ die Folge mit Felix Lobrecht geguckt. Die fand ich gut, weil Felix Lobrecht in der Regel authentisch rüberkommt und einen gesunden Blick in die Welt hat. Uneingeschränkt sympathisch ist er mir aber nicht.
Am Nachmittag widme ich mich den Töchtern. Wir puzzeln zusammen ein Puzzle und dann spielen wir das Spiel „Können Schweine fliegen“. War unerwartet gut. Was immer gut ist, sind die Gespräche mit den Kindern, die sich bei solchen Gelegenheiten automatisch ergeben. Wir haben viel gelacht und ganz nebenbei auch die Frage geklärt, warum ich schon so lange nicht auf Arbeit war.
Lisbeth und ich haben so einen Running-Gag, dass sie mir als 8jährige Malen beibringen muss, weil sie es besser kann als ich (was stimmt). Sie startet einen neuen Versuch, mich endlich zur Meisterschaft zu führen und ich stelle mich wieder absichtlich blöd an.
Vor einer Woche waren wir mit den Kindern in Leipzig im „Kulturkraftwerk“, weil da so eine Raumillumination mit dem Thema „Alice im Wunderland“ stattfindet. War ganz gut gemacht, leider stellten wir erst vor Ort fest, dass unsere Töchter „Alice im Wunderland“ noch garnicht kennen.
Also habe ich heute Abend die Gelegenheit genutzt, ihnen Tim Burtons Version davon zu zeigen. Lisbeth wunderte sich über die Altersempfehlung von 12 Jahren und das sie das nun mitgucken darf. Ich überlegte, wo die 12 Jahre herkommen könnten, mir fiel aber nichts ein. Als Helena Bonham Carter als rote Königin das erste Mal »Ab mit dem Kopf« rief, wusste ich es dann. Ging aber. Tim Burton- Filme sind außerdem total großartig.