Heute nach der Arbeit fand die erste Motorradfahrt des Jahres statt. Das ist seit einigen Jahren für mich das wahre Ende der dunklen Jahreszeit. Die Guzzi sprang tadellos an, obwohl ich es diesmal nicht geschafft hatte, die Batterie über den Winter vorsorglich auszubauen. Vorher hatte ich noch den Reifendruck auf Vordermann gebracht und dann konnte es losgehen mit meiner kleinen Runde durch die Heimat.
Ich traf einige andere Motorradfahrer, man grüßte sich wie gehabt. Ich meine bei allen ein inneres Strahlen festgestellt zu haben. Jedenfalls hat das wieder unglaublich Spaß gemacht. Auf halber Strecke schoss ich dieses Bild. Als ich nach eineinhalb Stunden wieder zu Hause ankam, fühlte ich mich wie ein junger Hund, den man nach ein paar Monaten im Zwinger wieder zum Toben auf die grüne Wiese gelassen hat.

Mir ist vollkommen bewusst, dass das ein Außenstehender kaum wird verstehen können und ich weiß auch, dass so ein Motorrad CO2 ausstößt. So gesehen ist Motorrad fahren mein Guilty Pleasure, doch ich brauche es auch als Therapeutikum. Es gibt nichts, was mich mehr entspannt, als eine Stunde lang nichts anderes machen zu können, als Motorrad zu fahren und dabei das sonore Brummen eines längs eingebauten V2-Motors zu hören.
Inzwischen muss ich das vor mir rechtferigen, aber tun muss ich es trotzdem. Ich rechtfertige das so, dass ich nie ohne Ziel irgendwo hinfahre, mir also immer mindestens einen touristischen Wegpunkt suche. Dann rechtfertige ich das so, dass ich für weite Strecken so oft es geht, dass Motorrad nehme, was nur halbsoviel Benzin verbraucht, wie mein Auto. Seit drei Jahren kompensiere ich meinen CO2-Ausstoß jede Saison, rechne also die gefahrenen Kilometer in eine Co2-Strafzahlung um, die dann (gut aufgerundet) in Umweltprojekte wie die Wiedervernässung von Mooren oder die Anlage von Mischwäldern fließt. Mehr kann ich in dem Fall nicht tun.
Am Abend ging es dann auch ums Motorradfahren, obgleich um ein noch recht fernes Zukunftsprojekt. Maria hatte mir zu meinem vierzigsten Geburtstag eine Schottlandreise mit Whiskeykostung geschenkt. Also einen Gutschein mit der Option darauf. Danach habe ich das dann aber nicht gemacht, weil es mir viel zu teuer vorkam. In mir gearbeitet hat es aber trotzdem immer weiter und ein guter Teil hat sich darüber geärgert, dass das nicht passiert ist. Vor einem Jahr kam nun ein guter Freund von mir mit seiner Familie von einem Wohnmobiltripp nach Schottland wieder und sagte, dorthin müsste man unbedingt mal mit dem Motorrad fahren. Gestern wurde diese Idee konkreter, indem wir mit zwei weiteren möglichen Kandidaten einen kleinen Kennenlern- und Ideenfindungsabend durchführten. Wir lernten uns ein wenig kennen, sammelten Ideen und Meinungen und steckten schon mal den groben Zeitrau und Zeitplan ab. Außerdem machten wir uns bewusst, dass das alles ein wenig Geld kosten wird.
Mal sehen, ob es bei uns vieren bleibt, oder ob noch jemand abspringt. In einem Fall wäre ich da nichtmal so böse drüber, gemessen am ersten Kennenlernabend. Und es gab definitiv zu viel Whisky. Jedenfalls haben wir eine grobe Route, nun geht es an die Feinplanung. Ich freue mich schon sehr darauf.
Auch ich bin heute gefahren, weil’s Freude macht, und habe ehrlich NIE über den CO2 Ausstoß meiner 125er Brixton Rayburn nachgedacht. Im Sommer fahre ich regelmäßig damit zur Arbeit (eine Tour 40km) und lasse damit das Auto stehen. Das ist für mich genug CO2 Ausgleich. Ausserdem war ich heute meine Tochter besuchen und habe dann auf dem Rückweg noch etwas Speiseeis für meine „bessere Hälfte“, den Hund und mich mitgebracht. Dafür, das ich nicht rauche und sonst viel Bio im Garten mache, Wiese statt Rasen habe und selten Rasen mähe, muss das bisschen Freude drin sein. Auch mit Verantwortungsbewusstsein. Dieses, spätestens nächstes Jahr will ich den A2 machen- und dann wird’s wohl ne 350er Enfield Classic- mit fast 60 reicht mir das.
Ich wollte ursprünglich auch nur 125er, also B96 machen und hatte dabei eine Brixton Cromwell im Auge.
Dann habe ich aber doch gleich den großen A gemacht. Dir noch viel Spaß mit den Zweirädern!