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23.April 2025 – Ostern und andere Gewohnheiten

Wie sehr oder wie wenig gefestigt neue Gewohnheiten sind, merkt man immer dann, wenn es kleine Brüche im Alltag gibt. In meinem Fall war es das diesjährige Osterwochenende als Indikator, der mir zeigte, das ein kleiner Riss aus dem Alltag noch reicht, um meine neue tägliche Routine, Dinge ins Internet zu schreiben, zu einem Abbruch zu bringen. Dabei schreibe ich unheimlich gerne ins Internet, denn neben den Dingen, die dann hier stehen, kommen mir auch schöne Gedanken und Erinnerungen, die dann nicht hier stehen. Das Bloggen hilft also, mir schöne Dinge bewusst zu machen, und je älter man wird, umso mehr sollte man das auch tun.

Es ist außerdem sehr schade, dass hier bislang nichts zu den vergangenen Tagen steht, denn es waren ausnahmslos schöne Tage. Starten wir die Routine also ab jetzt neu.

An Karfreitag habe ich mit meinen Töchtern den ganzen Tag getanzt. Vermute ich mal, denn ich habe davon keine weitere Erinnerungen, außer der, dass ich mit Maria Kisten und Dinge in unsere Diele gestapelt habe, die sie auf einem Dorfflohmarkt verkaufen möchte. Da wir die ganze Woche über Schuppen und Schränke ausgemistet haben, kam da eine sehr ordentliche Menge an Dingen zusammen. Vom Kindersitz bis zum Kinderbuch ist da alles dabei, was man nicht mehr im eigenen Haus haben möchte. Ich vermute mal, ich werde nicht alles ins Auto bekommen. Ich vermute mal, ich werde 99% davon unverkauft wieder zurück in unser Haus fahren.

Zum Samstag hingegen kann ich schon mehr schreiben. Die Kinder färbten Eier, buken zusammen mit dem Thermomix Käsekuchen und machten Heimlichkeiten zur Ostervorbereitung in ihren Zimmern. Am Nachmittag kam mein Bruder für das Wochenende aus Weimar zu Besuch und schenkte mir verspätete Geburtstagsgeschenke. Unter anderem dieses:

(Brüder machen meistens die besten Geschenke)

Anschließend musste ich mit meinen Schwiegereltern und meiner Familie asiatisch Osteressen. Wir aßen beim ersten Asiaten, der hier nach der Wiedervereinigung eröffnet hat und den es auch immer noch gibt. Da man mittlerweile regelmäßig in Großstädten asiatisch Essen fährt und es auch in der Umgebung inzwischen ganz andere Restaurants gibt, weiß man, dass man hier bestenfalls europäisierte Hausmannskost serviert bekommt. Man kennt sich aber inzwischen lange. Der vietnamesische Betreiber, Han, ist so eine Art Gedächtnisküntler und kennt und begrüßt alle seine Stammgäste mit Namen. Außerdem ist er inzwischen alt und hat es ganz schön mit den Nerven. Ihm wurden im Laufe seiner Karriere wohl seltsame Geschäfte und Verstrickungen ins Rotlichtmilieu fast zum Verhängnis, aber inzwischen ist er schon lange Zeit nur noch Restaurantbetreiber. Er hat einiges erlebt, was Spuren hinterließ und sein Bemühen, die Gäste zu unterhalten, ist .. ich nenne es mal originell und eigenwillig, aber für eine kurze Zeit auch tatsächlich unterhaltsam. Es lässt sich textlich nicht beschreiben. Man muss es erlebt haben. Wenn man nur so einmal aller zwei Jahre mit Stammgästen mitgeht und das richtige Essen auswählt, dann ist dort sogar lecker. Nur mit Marias Familie ist es immer etwas laut und stressig, dieses zu essen.

Von diesem Abendessen aus lief ich dann direkt zum Pub. Wie sich herausstellte, war nämlich Anne mit ihrem Freund aus Dortmund zu Besuch angereist, was meinen Bruder und mich zu einem spontanen Pubbesuch bewegte. Überhaupt scheint mir Ostern mittlerweile das Fest zu sein, zu welchem man mehr auswärtige Kennzeichen und lange nicht gesehene Menschen in meiner Heimatstadt sieht und trifft, als zu Weihnachten.

Ostern und Weihnachten sind nämlich die Feste, zu denen das Blut in die Stadt zurückkehrt, das in den Nachwendejahrzehnten wegblutete.
Jedenfalls waren nicht nur Anne und ihr Freund da, mit denen man sich aller zwei Jahre so treffen kann, als hätte man sich gestern das letzte Mal gesehen, sondern auch Mauli aus Berlin. Mauli war zu meinen Bandzeiten einer der härtesten. Immer gut drauf, immer Vollkraft nach vorne, immer laut und in die Fresse. Ein nicht tot zu kriegender Party- und Lebensdieselmotor. Ich hatte ihn bestimmt zehn Jahre nicht gesehen. Er ist heute immer noch genau so, nur das er jetzt für eine bundesweite, sehr seriöse Fachzeitschrift als Journalist arbeitet und mit einer Türkin verheiratet ist. Damit kriegte ich ihn irgendwie gedanklich nicht zusammen, aber auch ihn zu treffen war sehr schön und sehr… erfrischend.
Was außerdem im Pub los war: Auf dem Hof feierte die Fanbase einer Randsportart eine an diesem Tag errungene deutsche Meisterschaft und im inneren zwei gute Dutzend Fans den Derbysieg des MBC. Das ging so:
Linkes Ohr: „Deeeeeerbysieger nur der MBC, nur der MBC, nur der MBC“
Rechtes Ohr: „Deeeutscher Meister, klatsch-klatsch, klatsch-klatsch-klatsch-klatsch
Außerdem kam man schlecht an Getränke, weswegen ich mich schon gegen 0:00 Uhr verabschiedete. Es war mir einfach zu viel Input nach dem ebenfalls recht anstrengenden Abendessen.
Mein Bruder ließ sich nicht zum Mitkommen überreden. Es wäre besser gewesen, er hätte…

Denn am Morgen darauf brachte seine Ex seine Kinder, also meinen Neffen und meine Nichte, damit wir bei uns im Garten gemeinsam Ostergeschenke suchen konnten. Ich hatte extra keinen Rasen gemäht *
Die Sonne schien, ein Nachbar machte mit seiner Motorsense Geräusche, es war eine herrliche lang gezogene Sucherei. Dann, im Anschluss, spielten alle mit dem, was sie gefunden hatten. Die großen Cousinen kümmerten sich um Cousin und Cousine und dann gab es das leckere Essen, welches Maria in der Zwischenzeit bereitet hatte.

Das Highlight eines jeden Ostersonntags ist aber das Osterfeuer meines Vereins. Es ist wunderbar familiär und eine der Veranstaltungen, die mir klar macht, warum ich mir ein Leben in einer Großstadt kaum mehr vorstellen kann. Für gewöhnlich kassiere ich gemeinsam mit meinem Bruder auf Campingstühlen sitzend Eintritt und Lisbeth gibt den Leuten Stempel auf Hand oder Unterarm. Alle begrüßen sich mit Namen und haben gute Laune. Ich bin inzwischen überzeugt davon, dass man möglichst nah im Sinne einer natürlichen Lebensweise leben sollte. Also eine überschaubare Gemeinschaft von nicht mehr als 100 Leuten um sich scharen, viel Laufen, viel in der Natur sein, um ein natürliches Maß an Sinneseindrücken zu sammeln. Dann geht es einem am Besten, und das geht am besten auf dem Dorf. Veranstaltungen wie das Osterfeuer sind dafür der Beweis. Nach 22:00 zog aber ein dickes Gewitter über das Feuer hinweg, weswegen viele der rund 300 Gäste fluchtartig den Platz verließen. Die besonders Mutigen und die besonders Betrunkenen und eine Mischform dieser beiden Gruppen verbachten das Gewitter jedoch in dem LKW-Anhänger, in dem die Getränke gelagert werden, bis das Gewitter vorbei war. Ich würde schätzen, es waren vierzig bis fünfzig Leute und es wurde wieder laut gesungen. Alle diese Leute, Veranstalter wie Gäste, warfen noch das restliche Holz ins Feuer. Als es einigermaßen runtergebrannt war, gingen wir alle gemeinsam ins Dorf. Das Dorf war erfolgreich auferstanden.

Den Ostermontagvormittag vertrödelten wir traditionsgemäß komplett, obwohl wunderbares Wetter war.
Damit er nicht komplett vergeben war, liehen wir uns im Dorf unseren Leihhund Lola, ein ausgesprochen liebes Hundetier und liefen bis zu Abenddämmerung durch Rapsfelder. Das war schön und ein schöner Urlaubsabschluss.

*… denn ich hatte keine Lust

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