Pünktlich zum Frühstück ist Udo wieder da. Wir vermuten, die Gäste vor uns haben ihn angefüttert. Heute hat er aber Begleitung dabei. Wir geben ihr den Namen Daniela, denn es gibt sofort Gezeter um nichts… wir füttern ja nichts. Trotzdem wird gestritten. So beginnen Kriege.
Wir entschließen uns dazu, eine kleine Busreise zu unternehmen, schließlich ist dessen Benutzung in der Kurkarte enthalten.
Im Bus unterhält uns zuerst eine pubertierende Schulklasse, dann muss ich einem Rentnergespräch lauschen. Die Wortführerin ist gut gekleidet, gut frisiert und wirkt nicht so, als müsste sie am Hungertuch nagen. Trotzdem hat sie ihr Ventil für eine undefinierte Lebensunzufriedenheit in der Politik gefunden. Sie lästert erst über die »fette Frau Lange« von den Grünen, die ihrer Meinung nach nicht weiß, was ein durchschnittlicher Rentner in Deutschland so an Rente bekäme (»2.500,- bis 3.000,-€ hat die gesagt«) um undeffiziele Aussagen der Art »Die da oben haben doch alle eine Macke« hinterherzuschieben und mit einem »Ich wähle die AfD, das habe ich meinem Günter versprochen.« zu schließen. »Und wenn ich deswegen Rechts bin, dann bin ich eben rechts.«, sagt sie noch.
Hätte ihr gerne gesagt, dass ich hoffe, im Alter nie so ignorant und dumm zu werden, wie sie, aber ich habe Urlaub und in dem Augenblick keine Lust auf die dummen Konter, die da kämen. Alte Leute zum Umdenken bewegen ist recht aussichtslos. Ärgere mich so schon genug über diese Busfahrt. AfD-Wähler und deren Argumente sind wie der goldgelbe Tropfen auf dem Rand einer öffentlichen Toilette: irritierend und eklig.
In Bansin steigen wir an der Seebrücke aus, denn wir planen eine 3-Seebrücken-Tour am Strand zu absolvieren. Bansin ist mit Abstand das unscheinbarste der drei Kaiserbäder. Hier fehlt mir völlig der Charme. Die Seebrücke Heringsdorf scheint zwar nah zu sein, kommt aber nur sehr langsam näher. Als wir dort ankommen, sind wir dann schon fast drei Kilometer bei schönem Wetter gelaufen. Wir geben zu, dass wir uns etwas verschätzt haben und kehren auf einen Snack in der „Bäckerei Junge“ ein, durch die sich mehrere Spatzen fröhlich jagen. Es gibt belegte Laugenstange, belegte Brötchen und Kuchen, Kakao und Tee. Alles sehr gut.
So gestärkt ist das Stück nach Ahlbeck dann auch noch machbar. Die dritte Seebrücke erreicht aber nur Maria. Sie will einen Tisch für heute Abend bestellen, ich muss vorher mit den
Töchtern zur Unterkunft abbiegen. Dort beteilige ich mich per Smartphone an der Klärung eines Problems, das meinen Verein potentiell die Gemeinnützigkeit kosten könnte. Mit einer Satzungsänderung aber machbar, also wird spontan eine außerordentliche Vollversammlung einberufen. Vereine… * augenroll *
Maria gelingt es nicht, für heute einen Tisch zu bekommen. Die vorgesehenen Restaurants haben Ruhetag. Also wird das gemeinsame Abendessen mit der Begleitfamilie auf den nächsten Tag verschoben, genau wie der anschließende Spieleabend, was ich heute irgendwie auch begrüße.
Wir schieben stattdessen einen späten Saunanachmittag ein, also bis auf Hannah. Der Teenager schläft mal wieder. Alle anderen saunieren, zum Teil mehrfach.
Saune macht bei mir, dass ich mich gleichzeitig ausgeruht und in Wallung gebracht fühle. Ein komisches Gefühl, das ich eigentlich nicht mag, aber im Urlaub geht das, schon alleine wegen der getankten Wärme.
Da wir den morgigen Abend nun schon verplant haben, gehen wir in „Uwe’s Fischhütte“. Die kennen wir noch aus dem Vorjahr. Hier wird der Deppenapostroph noch gepflegt, aber noch viel mehr die nordische Gastlichkeit bei fischiger Hausmannskost frisch aus dem Meer. Kann man absolut empfehlen. Ich schiebe einen Pesketarier-Tag ein und esse Ofenkartoffel mit etwas gebeiztem Lachs.

