Aus dem für gestern geplanten Wanderausflug wird nichts. Es regnet heute, überraschenderweise…
Die dafür nötige Kleidung wäre vorhanden, aber ich entscheide mich trotzdem dagegen und dafür, zunächst mal Kratos und seinen Sohn ein paar Schritte auf der PS4 voran zu bringen. Zwei Stunden später ist Baldur besiegt und die Asche von Kratos Frau im Wind verstreut und beide zu Hause im Bett (sorry für den Spoiler). Wie schon zuletzt geschrieben: God of War ist ein empfehlenswertes Computerspiel.
»Das kann es aber nun auch nicht sein«, denke ich mir und beschließe, etwas Vernünftiges zu machen. Für den Anfang sind das mal einige Abrechnungen, die die Rückzahlung mir zustehender Gelder in nicht gerade geringem Umfang versprechen. Angestachelt von so viel Produktivität sortiere ich direkt im Anschluss noch das alte Aktenjahr der Familie komplett, lege es ab und bereite das neue Jahr vor, begleiche ein paar offene Rechnungen und so Sachen. Insgesamt ein nicht zu unterschätzender Akt, dessen Erledigung mich zufriedener mit meinem Tagesstart werden lässt. Zum Mittag mache ich mir nur eine kleine Pilzpfanne mit Zwiebeln auf Röstbrot, da ich nach dem Aufstehen kurz auf der Waage stand. Verflixtes Weihnachten.
Der Gedanke daran macht mich wieder unzufrieden mit der Tatsache, dass ich meinen Arsch heute nicht in den Regen bekommen habe und ich greife eine Idee aus der Weihnachtszeit wieder auf. Kurz darauf ist Apple Fitness+ gebucht und auf dem Apple TV eingerichtet. Auf dem iPhone lasse ich für den Anfang und für die kommenden vier Wochen ein tägliches 30-Minuten-Workout generieren und beginne mit dem ersten Tag. Decke auf den Boden vor dem Fernseher und los geht es. Fünf Minuten Core-Workout mit Greg, nach dem mir die Bauchmuskeln zwirbeln wie nix, zwanzig Minuten Yoga, bei dem mein Gebälk ständig knirschelt und knarzt, ich schwitze wie ein Elefant und es unglaublich finde, an was für Stellen man überall Muskeln hat und am Ende noch eine kleine Meditation für fünf Minuten, wieder mit Greg. Hinterher fühle ich mich unglaublich bewegt und flexibel und ausgeglichen und mir wurde klar, in was für einem verrottenden Kadaver ich stecke. Außerdem ging mir der Enthusiasmus der amerikanischen Instruktoren ein wenig auf den Keks. Ich beschließe aber, künftig jeden Tag damit zu starten und auch nach meiner Krankschreibung weiter zu machen, dann sicher eher am Abend. Feels good, huh?
Irgendwann kommen erst die Kinder, dann Maria mit unterschiedlichem Fazit vom ersten Pflichtentag zurück. Die Kinder sind glücklich, weil sie wieder unter ihresgleichen sind und durchweg Topnoten aus den vielen kurz vor Weihnachten noch geschriebenen Tests mitbringen. Maria sagt, sie brauche Urlaub. Weil die Kinder nicht mitwollen, machen wir stattdessen fürs Erste alleine einen größeren Spaziergang durchs Dorf, unterhalten uns und finden das schön. Auch was, das nichts kostet und gut tut. Ein kleiner Spaziergang mal ganz ohne Kinder.
Von so vielen guten Erlebnissen angestachelt, entscheide ich mich dazu, am Abend noch einen ersten Schritt in eine Rückkehr ins gewohnte Leben zu wagen und nehme meine Vorstandsarbeit in meinem kleinen chaotischen, aber ganz coolen Kulturverein wieder auf. Das funktionierte. Ich bekomme gut mit, was ich alles verpasst habe und bin schnell wieder drin. Bringe mich ein und habe ein zwei gute Ideen beizusteuern. Man will natürlich auch von mir wissen, ob es mir wieder gut geht und was ich eigentlich hatte, und ich gehe ganz offen damit um. Das Feedback ist positiv bis okay. Von den zehn Anwesenden sagen drei im Prinzip, dass sie das gut nachvollziehen können und einer, dass er aus genau den von mir genannten Gründen gerade ernsthaft über einen Arbeitsplatzwechsel nachdenkt. Organisatorische Mängel, Komplettignoranz von angesprochenen Problemen und Lösungsvorschlägen und das daraus resultierende Aushaltenmüssen des stetig steigenden täglichen Irrsinns im mittleren Management.
Später werden von einem kleinen Teil der Leute noch die Bauernproteste der kommenden Woche gefeiert und das deprimiert mich dann wieder ziemlich. Das es derselbe Personenkreis ist, der noch im vergangenen Jahr die Klebeaktionen der Letzten Generation bejammerte, lässt es mich aber einordnen und gut damit umgehen. Etwas mehr Differenzierung und das Beiseitelassen persönlicher Ideologien wären hier angesagt, aber bei den Leuten hier liegen die Stärken woanders.