Alle Artikel in der Kategorie “Journal

Kommentare 0

19.Januar 2025 – Zauberei und Wurst im Glas

Als uns am Freitag vier Karten für die Ehrlich-Brothers angeboten wurden, wussten wir noch nicht, dass Hannah am Sonntag hohes Fieber haben würde. Wir wussten auch noch nicht, wie sehr mir der Samstag in den Knochen stecken würde, inklusive der anschließenden Schlachteparty (natürlich habe ich mitgetrunken und werde nun die Abstinenz um einen weiteren Monat verlängern).
Ich hatte mir also mal wieder selbst bewiesen, wie übel Kater am Morgen sind und wie sehr ein Tag auf den Beinen noch in den Knochen stecken kann.

Ich blieb also bei Hannah und Maria fuhr mit Lisbeth zu den Ehrlich-Brothers. Hannah war etwas untröstlich deswegen, weswegen ich mit ihr auf Amazon-Prime eine Rekordshow der Ehrlich-Brothers schaute, nachdem das Fiebermittel seine Wirkung entfaltet hatte.


Mein neuer Füller ist da:

Während der Abwesenheit fuhr ich zur Verteilung der Gläserwurst, die inzwischen im Dorf eingetroffen war. Das ist immer ein augenzwinkerndes Hauen und Stechen um die beste Ausbeute, bei der es am Ende aber ganz fair zugeht. 54 Gläser Wurst gab es für uns, dass heißt, wir können jetzt bis zum nächsten Schlachten aller zwei Wochen einmal zuschlagen, was ich auch gleich so an meine ToDoIST-Liste übergab.

Wenig später kamen die beiden von der 11:00 Uhr-Show der Ehrlich-Brothers zurück und waren begeistert. Es wurde von hergezauberten Monstertrucks, fliegenden Zauberern und anderen Tricks erzählt. Maria musste sofort googlen, wie das alles funktioniert.

Den späteren Nachmittag verbrachten wir damit, die Wurstgläser vom Fett zu befreien, zwanzig Liter Wurstsuppe zu portionieren und einige Verwandte mit kleinen Essenspaketen zu bedenken.
Zum Abendessen gab es nochmal Wurstsuppe mit Fadennudeln, Sülze und Gehacktesbrötchen. Der Rest des Tages galt der Entspannung und Planung der Krankenwoche von Hannah, die mit unserer Arbeitswelt in Einklang gebracht werden wollte.

Kommentare 0

18.Januar 2025 – Vegetarier trägt Schweinebein

Warnung: Im nachfolgenden Text geht es um eine Hausschlachtung. Das könnte Leute triggern. 

Schlachtetage sind besondere Tage. Sie finden in unserem Fall nur alle zwei Jahre statt und benötigen Planung. Seit über einem Jahr wuchs hierzu ein extra dafür bestelltes Schwein in meiner unmittelbaren Nachbarschaft auf der großen Wiese eines Hobbybauern auf. Es ist ein Schlachthaus zu finden, Gläser zu sammeln und es sind lange im voraus Termine für sechs Leute zu koordinieren, die dann auch zum Zeitplan des Hausschlachters passen.

    Ich selbst esse ja kein Fleisch mehr, weil es dafür jede Menge gute Gründe gibt, meine Familie aber schon. Da finde ich es schön, wenn sie vernünftige Wurst bekommen und keine Osteuropäer dafür ausgebeutet wurden. Gemessen an der Fleischtheke im Supermarkt entstand hier heute vernünftige Wurst bester Haltungsklasse.

    Der Schlachtetag begann 4:20 Uhr mit dem Aufstehen. Dann sammelte ich vier Freunde ein und verstaute Fleischerkisten, gefüllt mit leeren Gläsern und allerlei anderem Schlachtbedarf, Kleidung und Gummistiefeln, Milchkannen, Verpackungsmaterial, Verpflegung und Reinigungsmittel ein. Dann ging es zum Schlachthaus in ein Dorf, dem die unmittelbare Nähe zu einem Braunkohletagebau nicht gut getan hat. Das Schwein befand sich noch in einem Hänger, der Schlachter bereitet den unvermeidlichen ersten Schritt der heutigen Arbeiten vor. Dann wurde es wie immer still am Set und das Schwein wird vom Hänger zum Ende seines kurzen Schweinelebens getrieben. Hierbei kam diesmal erstmals eine Elektrobetäubung zum Einsatz und nicht das übliche Bolzenschussgerät. Mit einer riesigen Zange wird hierbei eine erhebliche Menge Strom für etliche Sekunden zuerst durch den Kopf, dann durch Rückenmark und Herz geleitet um das Schwein zu betäuben und schmerzunempfindlich zu machen. Sofort danach beginnt das Ausbluten mit einem Stich in die Halsschlagader. Spätestens dabei stirbt dann das Schwein innerhalb kürzester Zeit. Für mich als Beobachter wirkte diese Betäubungs-/Tötungsmethode schneller und für das Schwein mit weniger Stress verbunden zu sein, als die Variante Bolzenschussgerät. So oder so ist das für mich immer fast ein spiritueller Moment. Es ist eine andächtige Ruhe unter den Betteiligten, wenn ein Tier sein Leben lässt, um fünf Familien zu ernähren und deren Speiseplan für fast zwei Jahre zu bereichern. Wenn man Wurst essen will, muss ein Tier sterben. Ich bin für die Schüssel zuständig, die das Blut in einen Eimer umbefördert. Es wird ein ungewöhnlich voller Eimer werden.

    Im nächsten Schritt wird das Schwein aufgebockt und mit sogenannten Glocken von den Borsten befreit. Hierzu wird die Haut angebrüht, wozu viel heißes Wasser benötigt wird. Dann wird das Schwein aufgehängt, was hier für uns erstmals nicht mehr an einer Leiter, sondern mit einem Flaschenzug realisiert wurde. Traditionell gibt es in diesem Moment für alle einen Schnaps, bevor es für längere Zeit so richtig betriebsam wird. Mit routinierten Handgriffen zerlegt der Schlachter das Tier und entfernt dabei alles, was im weiteren Verlauf nicht mehr benötigt wird.

    Fotowettbewerb „Vegetarier tragen Schweinebeine“ (4.Platz)

    Dann begann das große Schnippeln, Schneiden und Verrühren. Das sind alles ziemlich meditative Tätigkeiten, genau wie das sonore Wolfen am Fleischwolf. Man hat ununterbrochen was zu tun, wenn man schlachtet und das geht bis in den späten Nachmittag so. Zwischendurch gibt es Kochfleisch und frischstes Gehacktes zu essen, wenn man will. Bis zum Abfüllen der Wurstsuppe gibt es was zu tun. Parallel beginnt das Großreinemachen, für das auch unsere Frauen ab dem frühen Nachmittag angereist waren.
    Dann packt man alles zusammen, vertäut und verzurrt alles. Vor der Abreise gehen noch die Wurstgläser bei 100° für zwei Stunden in den Kessel. Dann ist Schluss für heute. Abgeholt werden die Gläser dann erst am nächsten Tag. Die Räucherware dauert ungefähr zwei Wochen. Ich mag Schlachten. Es ist eine ehrliche, produktive Arbeit mit gutem Output.


    Kommentare 0

    17.Januar 2025 – In Heaven

    David Lynch ist tot, wie ich erst heute mitbekam, da ich nur noch Blogs lese und Social Media meide. Das finde ich schade, denn von ihm ging etwas Einfluss auf mein Aufwachsen aus. Als Jugendlicher habe ich „Eraserhead“ geschaut, weil ich damals so drauf war. Alles was ein wenig melancholisch, artsy und schwer zu deuten war, zog mich an. So auch „Eraserhead“. Bis heute akzeptiere ich Kunst nur als solche, wenn sie sperrig und schwer zu greifen ist, weil sie nur dann den eigenen Interpretationsmotor anwirft. Schöne Dinge, die sich sofort erschließen, sind keine Kunst, sondern Kunsthandwerk.
    Jedenfalls blieben mir damals viele Szenen von „Eraserhead“ hängen und arbeiteten in mir weiter, wie z.B. diese, als eine Lady in der rauschenden Heizung sang (das Video lässt sich leider nicht einbetten, daher leider nur als Link):

    https://youtu.be/UmyzYBeGrE8?si=UlCfPXw0BbbEZTuT

    Zeitgleich (oder später), jedenfalls kurz nach dem Ende der DDR, entdeckte ich den Grunge für mich und landete irgendwann auch bei DER Grunge-Wegbereiterband der 80er, den Pixies. Ich bin bis heute großer Bewunderer dieser Combo. Diese Band bzw. deren Sänger Frank Black Francis ließ sich von obiger Szene ebenfalls zu einem Song, bzw. einer ganz eigenen Coverversion inspirieren:

    Und diese Coverversion coverte ich dann aus Bewunderung mit meiner Band im Proberaum, ohne das wir sie jemals live aufführten. Nur einmal habe ich sie live gesungen und auch darauf bestanden und das war als letzte Zugabe bei einem Nachwuchsbandwettbewerb in einem Pfarrgarten. Ich schrie also, so schräg ich konnte „IIINNN HEEEEEAAAAAVVVVEEEEENN EEVVVERRYYYYTTTTHIIIINGGG IIIISSSSS FFFFFFIIIIIINNNNNEEEE“ ins Mikro und spielte meinen Bass dazu, nachdem der Rest der Band einsetzte (nebenbei: die Pixies haben die besten Basslinien für Anfänger). Der Pfarrer war einer von der Sorte mit den ganz besonders zusammengekniffenen Arschbacken. »Was wollte uns der Künstler denn damit sagen?!?“, fragte er mich scheinheilig (hehe) nach dem Auftritt. »Ich kommentiere meine Kunst nicht.« antwortete ich grinsend. So war das damals und das ist das, was mich mit David Lynch verbindet.


    Auf Arbeit war heute Jahresanfangsmeeting, wo es laut den Kollegen immer darum geht, sich Dinge für das Jahr vorzunehmen und Sachen in die Richtung zu bringen, in die sie sollen. Also alles mal neu zu sortieren, damit das Jahr gut starten kann.
    Meine Chefin übergibt mir dabei Aufgaben, die bisher bei einer Kollegin angesiedelt waren, was diese Kollegin ziemlich sauer zurücklässt und sicher noch eine Weile nachhallen wird. Ich sehe keine Schuld bei mir, denn ich habe nichts davon forciert. Sowas mache ich grundsätzlich nicht mehr. Die Chefin ist da vollständig alleine drauf gekommen und ich kann die Entscheidung auch nachvollziehen. Keiner kommt zu kurz und viele Aufgaben liegen jetzt dort, wo sie am Besten aufgehoben sind. Auch die, die bei der „beraubten“ Kollegin liegen. Das sage ich ihr auch so und mache dann alsbald Feierabend, denn für den morgigen Tag gibt es noch einen Einkauf zu erledigen, zwei Autos zu beladen und allerlei abzustimmen.
    Das klappt aber routiniert und so kann ich, wie geplant, heute zeitig ins Bett, denn 04:15 Uhr wird der Wetter klingeln, wie ich hoffe.

    Kommentare 0

    16.Januar 2025 – Bas(s)ketball

    In meinen 20ern spielte ich in einer Band Bass. Es gibt gerade aber keine Band mehr und auch keine Zeit für eine Band, weswegen ich nur noch für mich alleine und mein emotionales Vergnügen Bassgitarre spiele. Wie sich das gehört mit App (Yousician) und Begleitmusik vom iPad. Reicht mir so und wer weiß, wenn die Töchter aus dem Gröbsten raus sind, findet sich vielleicht doch mal noch eine Band für gelegentliche Auftritte. Falls nicht, kann ich auch mit dem Status Quo leben. Mein Fender Jazz Bass (Spitzname: „The Matrix“) in 70s-Optik sicher auch. Heute habe ich das fast wieder eine Stunde lang gemacht. Musik bringt in mir Dinge in Bewegung, wie nichts anderes. Das war schon immer so.

    Davor habe ich intensiv Dinge gereinigt, die zwei Jahre im Schuppen standen. Eine Milchkanne und drei rote Kisten. Weil ich die am Samstag brauche und zwar hygienisch möglichst unbedenklich.

    Dann habe ich mit meinem Bruder hin und her überlegt, ob wir uns Karten für das Final Four kaufen, wenn es schonmal in der Nähe ist. Die Stehplatzkarte kostet 84,-€ und man muss alle drei Spiele kaufen. Das ist irgendwie nicht optimal und wir haben uns immer noch nicht entschieden.
    Zur Not schauen wir zusammen auf DYN und sparen Geld dabei.
    /
    Ich schlafe nach wie vor ausgezeichnet. Das geht nun schon seit Wochen so, ist daher nicht selbstverständlich und muss daher hier auch mal erwähnt sein.

    Kommentare 4

    15.Januar 2025 – walisische Wahlschatten, Fountain Pen

    Heute Morgen finde ich in der Post meine Berufung in den Wahlvorstand für die Bundestagswahl am 23.Februar 2025. Ich werde stellvertretender Wahlvorstand hier auf dem Dorf sein. Unten ist eine Zeile mit Ort, Datum und Unterschrift, die man ausfüllen soll, um das zu bestätigen.
    Weil es mir ein Rätsel ist, warum (zur Hölle) interessant ist, an welchem Ort man eine Unterschrift leistet, schreibe ich „Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch, 15.Januar 2025“ und unterschreibe direkt darunter. Mal schauen, was jetzt passiert. Laut Zeitung brauchen die jeden Mann und ich werde einfach behaupten, in Wales gewesen zu sein zum Zeitpunkt der Bestätigung meiner Teilnahme. Albern.

    Gestern Nachmittag brachte mir der Lieferdienst einen Kaweco Sport Füller aus grünem Kunststoff, den ich so toll fand, dass ich ihn heute gleich wieder zurück geschickt habe. Ich bin jemand, der so gut wie nie irgendwas zurückschickt, aber hier musste es sein. Nachdem ich nämlich den aus Kunststoff kurz getestet habe, war mir klar, dass ich denselben Füller in hochwertiger und zwar aus Metall haben möchte und rede mir ein, dass ich den dann ein ganzes Leben lang haben werde, weil er sich immer wieder reparieren lässt. Ich werde also demnächst einen handlichen Füller aus massivem Messing erhalten. Genauer den „Kaweco Brass Sport“. Mein einziger Füller überhaupt, der dann etwas Stil in meine Federmappe bringen wird. Die soll ja auch nicht umsonst so heißen, wie sie heißt.

    Mein Arbeitstag, der heute stark von den Feierlichkeiten zum 40jährigen Arbeitsjubiläum einer Kollegin geprägt war, wurde unschön von der Meldung unterbrochen, das sich mein Freund J. den Fuß gebrochen hat. Das wird dazu führen, dass wir am Samstag nur zu viert und nicht zu fünft werden arbeiten können und das macht den Samstag sicher noch etwas anstrengender, als so schon erwartet. Aber dazu dann nach dem Samstag mehr.

    Die Jubilarin war etwas sauer, weil sie vor lauter Zuckerfasten in meiner Abteilung ihren Kuchen nicht los wurde. Als dann ihr Hund Pippa samt ihrem Mann kurz vorbei schaut, ist sie aber wieder besänftigt.
    Dennoch wird sie zum Feierabend hin noch etwas melancholisch mit Blick auf ihre Urkunde und sagt, nur halb augenzwinkernd: »Jetzt kommt als nächstes der Rentenbescheid, dann der Mietvertrag im betreuten Wohnen und dann das Testament«. Ist schon ein Schritt, sein Arbeitsleben zu beenden…