Wir haben keinen Stress an unserem ersten Urlaubstag. Wir frühstücken in Ruhe und gegen 9 fahren wir los. Nach vier bis fünf Kilometern fahren wir dann nochmal zurück, um einen Schal zu holen, dann fahren wir richtig los.
Die Sonne scheint, wir fahren durch herbstliche Landschaft mit bunten Blättern. An der tschechischen Grenze werden wir daran erinnert, dass es ja immer noch diese unsäglichen, populistischen Grenzkontrollen gibt, denn in der Gegenrichtung ist ein mehrere Kilometer langer Stau zu sehen. Wir werden auf dem Rückweg versuchen, uns Überland nach Deutschland durchzuschlagen. Ich kenne da eine schöne kurvige Strecke durchs Erzgebirge, wo vielleicht nicht so viele lang fahren, die nach Deutschland wollen.
Kurz nach Mittag kommen wir an unserem Hotel an. Zentrumsnah, mit eigenem Parkplatz und Frühstück. Die Rezeptionistin erklärt und mit entschuldigens-sorgenvoller Mine, dass es in unserem Zimmer einen technischen Defekt an der Wasserleitung gibt, der erst morgen behoben sein wird und wir für eine Nacht in einem einfacheren Zimmer untergebracht werden müssen. Als Gegenleistung können wir unseren gesamten Aufenthalt über das Tagesbüfett bis 21 Uhr kostenlos nutzen. Dort gibt es Snacks, Kuchen, Eis und alkoholische und alkoholfreie Getränke. Außerdem erhalten wir eine Prague-Card kostenlos, die uns Ermäßigungen in Museen, touristischen Fahrgeschäften und Restaurants verspricht. Damit können wir gut leben.
Das Zimmer ist dann tatsächlich im Backstage und sehr schlicht und steht voller Betten. Ich zähle sieben Stück auf engstem Raum, die sicherlich sonst eher als Personalunterkunft dienen. Für eine Nacht zum Schlafen geht das schon.
Nach einer kurzen Ausruhpause laufen wir in die Innenstadt, um uns einen Überblick zu verschaffen. Ich war 1996 auf einer Abschlussklassenfahrt das letzte Mal in Prag und habe praktisch keinerlei Erinnerung daran, außer denen, die ich mir aus Fotos und von Erzählungen anderer erschließen konnte. Von hohem Alkoholkonsum und den von Klassenkameraden in die Hotelwand geworfenen zuvor bei zwielichtigen Gestalten gekauften tschechischen Ninjasternen und Wurfmessern ist da die Rede. Es waren andere Zeiten…

Am Karlsplatz, den man in seiner Gesamtheit auch erstmal auf sich wirken lassen muss, hat sich vor dem Rathaus eine riesige Menschenmenge gebildet. Wir stellen uns dazu und starren wie alle anderen auf die astronomische Rathausuhr. Zur vollen Stunde schlägt dann ein Skelett die Glocke, zwei Türen gehen auf, es zeigen sich in diesen die zwölf Apostel, dann gehen die Türen wieder zu. Applaus. Für die Zeit, in der das entstand, schon beeindruckend, aber nun ja…






Weiter gehts zur Karlsbrücke. Die scheint von Weitem aus Menschen gebaut zu sein. Lebendigen Menschen. Auch beeindruckend. Die Sonne ist gerade am untergehen und alle suchen das perfekte Fotomotiv mit Moldau und Altstadt im Hintergrund. Wir laufen einmal rüber, streichen an einer der Figuren, warum auch immer, einem blank geputzem Hund über den Bauch. Dann laufen wir auf der anderen Seite zurück. Die Sonne ist nun schon fast weg, was dazu führt, dass es auch auf der Brücke leere wurde. Auf der anderen Brückenseite stehen die Portraitmaler und Schmuckhändler, was zwangsläufig dazu führt, dass Geld den Besitzer wechselt und Ohrringe in Marias Besitz wandern.
Es ist nach 18 Uhr und wir bekommen Hunger. Immer, wenn ich in Tschechien bin, esse ich traditionell, was für mich heißt: „Gulash mit Knedely und ein Pilsner Urquell vom Faß“. Da muss dann aus dem Vegetarier mit pesketarischen Tendenzen mal kurz ein Flexitarier werden. Es fällt uns aber wirklich nicht leicht, ein geeignetes Restaurant zu finden. Am Ende landen wir in der Restaurantkette „Swejk“, benannt nach dem braven Soldaten und werden dort sehr glücklich.
Anschließend laufen wir durchs nun schon nächtliche Prag zurück ins Hotel, holen uns dort Chips, Salzstangen, Erdnüsse, Bier, Wein und Limo vom Buffet und schauen auf dem Tablet zu, wie der MBC hochkant gegen Ulm aus dem Pokal fliegt.
So endet der erste Tag in Prag.











